Von der Oberlandbahn und der DB Netz konnte FWG-Vorsitzender Norbert Kerkel im vollen Saal des Gasthof Köck am Gmunder Gasteig niemanden begrüßen. So wurde aus der geplanten Podiumsdiskussion beim Frühjahrsempfang der Freien Wählergemeinschaft im Landkreis Miesbach ein Vortrag von Heino Seeger von der Tegernsee-Bahn über die Zukunft des Schienenverkehrs im Oberland mit lebhafter Publikumsdebatte.
Schelte für DB und BOB
Seeger fand die BOB-Schuldzuweisungen für das Januar-Chaos auf den Schienen südlich von Holzkirchen nur an den Netzbetreiber Deutsche Bahn „fragwürdig“. Als Kenner aller drei Bahn-Unternehmen sah er auch Versäumnisse bei der örtlichen Betriebsleitung. „Wenn ich die DB Netz kenne, muss ich für Wetterlagen wie in diesem Winter selber eine Lokomotive für den DB-Schneepflug vorhalten. Die Tegernsee-Bahn hatte ihre Strecke immer fahrbereit, aber in Schaftlach war Schluss.“ Dies war nur einer von mehreren Verbesserungstipps in Sachen Zugdienstleistung, die der leidenschaftliche Eisenbahner den abwesenden Kollegen gab.
MVV für den Landkreis
Am Disput nahmen auch Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne) und seine beiden FWG-Kollegen Anton Speer aus Garmisch-Partenkirchen und Josef Niedermeier aus Bad Tölz-Wolfratshausen sowie mehrere Bürgermeister und Gemeinderäte teil. Viel kam zur Sprache vor dem Hintergrund, dass der Landkreis Miesbach und auch der südliche Teil der Tölzer Nachbarn dem Münchner Verkehrsverbund beitreten wollen, um den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu verbessern und die Straßen zu entlasten.
Dass der Wechsel von privat organisierten Bahn- und Buslinien zu einem gemeinwirtschaftlichen System mit Taktfahrplänen nicht einfach und ohne finanzielle Hilfe des Freistaats nicht zu stemmen sein wird, zeichnete dabei deutlich ab. Heino Seeger gab erneut zu überlegen, die Elektrifizierung der Oberlandstrecken bis zum Bau eines Fahrdrahtes mit Akku-betriebenen Zügen zu überbrücken und den ÖPNV im Tegernseer Tal mit einer Tramlinie bis Kreuth aufzurüsten. Auch das Thema „Alpenbus“ als Ost-West-Linie zwischen Weilheim und Berchtesgaden wollen die Kommunalpolitiker über den vergangenen Landtagswahlkampf hinaus am Köcheln halten, wenn es schon keine Querverbindung per Zug gibt.
Landschaftspflege und Umweltschutz
Informationen hatte zuvor auch Klaus Thurnhuber geboten. Der Warngauer Bürgermeister und stellvertretende Landrat stellte den 2018 gegründeten Landschaftspflegeverband des Landkreises und dessen Aufgaben vor. Dazu gehört vornehmlich die Unterstützung der Landwirte beim Erhalt der bäuerlichen Kulturlandschaft und damit der gewachsenen Artenvielfalt, aber auch das Angebot an die Kommunen, Öko-Konten einzurichten. Simone Kerkel ergänzte den Vortrag um die Projekte des Kreisverbandes für Obst- und Gartenbau, die unter anderem mit einem Wettbewerb zur Bewahrung von Bienen und anderen Insekten beitragen wollen.
Das rund dreistündige Programm rundete die Ehrung verdienter FWG-Kommunalpolitiker ab. Mit Urkunde, Ehrennadel und Weinflasche gewürdigt wurden Dr. Günther Jeske aus Schaftlach, Peter Lamm aus Rottach-Egern, Monika Marstaller aus Schaftlach, Johann Schmid aus Valley, Hugo Schreiber aus Hausham und Pangraz Weiß aus Irschenberg. Der Termin für den nächsten Frühjahrsempfang steht schon fest: Sonntag, 8. März 2020 – eine Woche vor den Kommunalwahlen.
Lernen aus dem Schnee-Desaster
Verbesserungen wünschte sich auch Kreisbrandrat Anton Riblinger, der über die Einsätze der rund 8.900 Helfer während der zehn Schnee-Katastrophentage im Januar 2019 berichtete. Überall außer bei der BOB sei es gelungen, die Infrastrukturen einigermaßen aufrecht zu erhalten und die Menschen vor Schaden durch die starken Schneefälle zu bewahren. BOB und DB Netz hätten die angebotene Hilfe von Feuerwehren und Technischem Hilfswerk abgelehnt und auch später nicht darum gebeten, umgestürzte Bäume wegzuschneiden. Er regte an, in künftigen ähnlichen Fällen auch die Bahn als wichtiges Infrastruktur-Element in die Steuerungsgremien einzubeziehen.